Ihr Lieben,
vor einer Woche war ich mit öffentlichen Verkehrsmitteln in Stuttgart unterwegs. Wie bei uns in Leipzig gibt es auch dort Monitore, an denen kleine Spots laufen. Einer davon hat mich sehr
interessiert und inspiriert.
Drei nicht sehr vertrauenerweckend aussehende Jungen in Kapuzenshirts tauchen abends an einer Haltestelle auf, an der außer ihnen noch ein junges Mädchen sitzt
und auf die Bahn wartet. Als sich die drei Jungs nähern bekommt sie Angst, springt von der Bank auf und läuft davon, doch die Jungen verfolgen sie und rufen ihr hinterher. Sie bleibt nicht
stehen, aber die drei sind ohnehin schneller als sie und schließlich hat einer der Jungen sie eingeholt und packt sie an der Schulter. Voller Angst dreht sie sich um und sieht, dass der Junge,
der sie gepackt hat, ein Handy in der Hand hat. Ihr Handy...sie hat es in ihrer Panik auf der Bank an der Haltestelle zurückgelassen. Er gibt es ihr und die Jungs entfernen sich...
Ich fand diesen einen Spot wahnsinnig toll, weil er deutlich macht, wie sehr wir uns von unseren eigenen Erfahrungen oder von Meinungen und Erfahrungen anderer leiten lassen. Natürlich sind
Erfahrungen wichtig, aber ich habe erlebt, dass sie einem auch ganz schön im Weg stehen können. Mehr noch...wenn wir anfangen, Situationen nicht mehr neu zu bewerten, sondern ihnen nur noch
anhand unserer früheren Erfahrungen begegnen, nehmen wir uns oft die Chance, neue Erfahrungen zu machen. Wie oft in unserem Leben denken wir, dass wir wissen, was kommt und dann kommt alles
anders.
Als Kind und Jugendliche war ich ständigen Mobbingangriffen ausgesetzt – es begann bereits in der Grundschule und zog sich durch mein Leben wie ein roter Faden. Das hat mich tief geprägt und ich
dachte lange Zeit, das es an mir lag. Dass ich das Falsche an hatte, das Falsche sagte, das Falsche tat... Immer wenn ich auf eine neue Gruppe traf – in der Freizeit oder auf Arbeit – versuchte
ich nun, mich anzupassen und hielt ansonsten den Mund, um nichts Falsches zu sagen. Damit nahm ich diesen Menschen aber auch die Gelegenheit, mich kennenzulernen. Das was mich ausmachte begrub
ich und zeigte der Umwelt stattdessen den Menschen, den sie in mir sehen und mögen sollten. Die Rechnung ging jedoch auch nicht auf, ich wurde wieder ausgeschlossen. Das war also der falsche
Weg...
Ich begegnete einer Gruppe von Menschen und ging automatisch davon aus, dass sie mich nicht mögen würden. Dadurch machte ich diese Erfahrung immer und immer wieder. Die ersten Mobbingerfahrungen
hatten dafür gesorgt, dass ich sie irgendwann durch mein Verhalten selber auslöste. Als ich das erkannt hatte, fing ich an, umzudenken. In mühevoller Kleinarbeit fand ich heraus, wer ich war und
was mich ausmachte. Zu lange hatte ich es vergraben. Dann wagte ich das Experiment und zeigte mich meiner Umwelt so wie ich war. Seitdem habe ich so viele positive Erfahrungen gemacht, dass die
negativen immer mehr in den Hintergrund treten.
Liebe Grüße
Steffi
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