Ihr Lieben,
im Rahmen meines Klinikaufenthaltes ging es in einer der letzten Gruppensitzungen um das Thema Fremd- und Eigenwahrnehmung. Ich persönlich finde es immer wieder spannend, zu erfahren, was andere
in mir sehen. Diesmal war es besonders schwierig, denn es war eine gemischte Gruppe und wir kannten uns kaum. Meine rechte Sitznachbarin, die mich einschätzen sollte, sagte zu mir: „Wenn ich ein
unlösbares Problem hätte, das ich mit jemandem besprechen müsste, dann würde ich zu dir kommen. Du hast so viel erlebt und so viel Erfahrung, du könntest vermutlich jedes Problem lösen.“ Aus
einem ersten Impuls heraus musste ich lachen, aber dann kam ich doch ins Grübeln. Sie war nicht die Erste, die mir das sagte, es schien doch etwas dran zu sein, auch wenn ich das absolut nicht
erkennen konnte. Ich beschloss, diese Gedanken bis nach der Stunde zu vertagen und eine Work darüber zu machen. Den Gedanken noch einmal mit Abstand zu betrachten half mir sehr und viele kleine
Erinnerungen schossen mir durch den Kopf. Erinnerungen, in denen ich einem Menschen mehr geholfen hatte, als mir selbst bewusst war und dessen Rückmeldung ich ungläubig abgewunken hatte. Zum
ersten Mal konnte ich, wenn auch mit einiger Verspätung, diese Einschätzung annehmen und mich sogar darüber freuen.
Für die meisten Menschen ist es wichtig zu wissen, was andere Menschen über sie denken. Auch bei mir war dies so und teilweise ertappe ich mich auch immer noch bei solchen Gedanken. Dieses
Fremdbild kann zwar nützlich sein, aber auch gefährlich, vor allem, wenn es mit dem Selbstbild absolut nicht übereinstimmt.
Dabei passen Selbstbild und Fremdbild in den seltensten Fällen zusammen, da die Wahrnehmung immer subjektiv und von Registrierungen, Erfahrungen und Wünschen des Betrachters abhängig ist.
Ich wurde im Spannungsfeld des Selbstbildes und den Anforderungen von außen, ein gewisses Bild aufrecht zu erhalten schon in der frühesten Kindheit zerrieben und habe dadurch einen großen Teil
meines „Selbst“ verloren. Ich geriet zwischen die Fronten zu sehr angepasst und gar nicht angepasst und egal, wie ich es drehte und wendete, ich konnte nur verlieren. Passte ich mich zu Hause an,
grenzte mich mein Umfeld aus und andersrum. Ich entschied, mich den Wünschen und Vorstellungen meiner Mutter unterzuordnen und ertrug die verbalen und körperlichen Schläge, die ich dafür in der
Schule und im Sportverein kassierte, stumm.
Dies alles ist fast zwanzig Jahre her, dennoch kämpft ein Teil von mir bis heute mit diesen Erlebnissen. In dem Lied Stark von Ich und Ich heißt es in einer Zeile: Ich bin nicht der, der ich sein
will und will nicht sein, wer ich bin. Ich kenne diesen Gedanken sehr gut, habe mich aber sehr kritisch mit dem Gedanke auseinandergesetzt, warum ich nicht der Mensch sein will, der ich bin und
ob das wirklich wahr ist. In zahlreichen Therapien und Klinikaufenthalten bin ich immer wieder mit mir selbst konfrontiert worden und habe durch eigene Erfahrungen, aber auch durch Rückmeldung
von Mitpatienten, mein Selbstbild verändert. Ich weiß inzwischen, wer ich bin und wo meine Stärken und Schwächen liegen. Auch wenn ein Teil von mir immer noch mit diesen Erlebnissen kämpft,
möchte ich genauso sein, wie ich bin. Denn auch dieser zweifelnde, immer noch sehr auf Anpassung bedachte Teil gehört zu mir und prägt meine Persönlichkeit.
Wie wichtig ist euch, wie andere euch wahrnehmen? Könnt ihr euch akzeptieren, so wie ihr seid?
Schreibt mir gerne eure Gedanken und Kommentare unter den Blog!
Liebe Grüße
Steffi
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