Im Augenblick laufen in Leipzig die Wochen der seelischen Gesundheit unter dem Motto: Heute schon für dich gesorgt?
Wenn man sich die Burn-out Rate der vergangenen Jahre anschaut, wird deutlich, wie schwer es inmitten der heutigen Leistungsgesellschaft fällt, sich etwas Gutes zu tun und für sich zu sorgen. Vor einiger Zeit las ich einen Artikel in der Zeitschrift Die Zeit online: (http://www.zeit.de/karriere/beruf/2017-04/amazon-betriebsvereinbarung-fehltage-gewerkschaft-krankschreibung-online-versandhaendler ). Amazon bietet nun offenbar Prämien für die Mitarbeiter mit den wenigsten Fehltagen, doch das ist noch nicht alles. Auch die Abteilungen erhalten Prämien, wenn ihre Mitarbeiter möglichst wenig krank sind. Heißt, wenn sich ein Mitarbeiter krank meldet, geht dies von der Prämie für die gesamte Abteilung ab. Wer das tut, riskiert den Unmut seiner Mitarbeiter. Genauso sehen das auch die Gewerkschaften und Arbeitsmediziner, denn bei diesem Modell werden nicht nur Krankheiten als Teil des Lebens negiert sondern auch die Mitarbeiter gegeneinander ausgespielt.
Doch auch fernab der Arbeitswelt fällt es oft schwer, gut für sich zu sorgen. Ich selbst hatte auch lange Zeit Probleme damit und habe sie zum Teil immer noch. Doch was heißt überhaupt gut für sich sorgen?
Vor allem seit ich an Aplastischer Anämie erkrankt bin, höre ich von besorgten Freunden, Verwandten und Angehörigen immer wieder die Sätze: „Pass auf dich auf! Übernimm dich nicht! Du musst dich schonen! Mach nicht so viel!“ Manchmal ist es recht schwierig, diese Botschaften von außen zu bekommen, die in meinem Inneren ohnehin schon auf dem Prüfstand sind.
Dabei geht es hier auch um Lebensqualität! Wenn ich den ganzen Tag auf der Couch herumhänge und mich das psychisch runterzieht, dann habe ich weniger gewonnen, als wenn ich körperlich vielleicht mal über die Stränge schlage, es mir dadurch aber psychisch besser geht. Gestern konnte ich das mal richtig gut beobachten. Seit zwei Wochen arbeite ich ehrenamtlich als Besuchshelferin in einem Seniorenheim, gleich bei mir um die Ecke. Gestern hatte ich mich mit zwei der Damen verabredet, die ich betreue. Mit einer war ich einkaufen, mit der anderen im Park spazieren. Auf dem Weg zum Heim pfiff ich vor mich hin und auch auf dem Rückweg war ich bester Laune. Und ich freute mich darauf, mich nun ein Stündchen auf die Couch zu legen. Es war kein: Ich muss mich jetzt hinlegen und mich schonen, weil mein Körper sonst nicht mitmacht. sondern ein: Ich habe Lust, mich ein wenig hinzulegen und meinem Körper Ruhe zu gönnen. DAS war eine völlig andere Qualität und als ich nach einer Stunde wieder aufstand, war ich voller Tatendrang und fühlte mich nicht psychisch ausgelaugt, wie sonst, wenn mein Körper oder ich mir eine Zwangspause verordnet hatte.
Ich bin mir bewusst, dass ich mich – gerade auch durch meine Krankheit – auf einem schwankenden, sehr schmalen Grat bewege und diesen immer wieder neu ausloten muss. Mir ist aber auch klar, dass ich Kompromisse eingehen muss, wenn ich leben will. Das ich es in Kauf nehmen muss, das mein Körper mich eben mal für ein paar Tage in die Knie zwingt, wenn ich noch etwas vom Leben haben möchte. Ich möchte nicht nur existieren, ich möchte das Leben spüren, hören, riechen, schmecken. Ich möchte Freunde treffen, Freud und Leid mit ihnen teilen. Ich möchte Hilfe geben, Trost spenden, schöne Stunden schaffen. Das alles sind Situationen, in denen ich das Leben feiere. Das alles sind Situationen, in denen ich mir Gutes tue.
Was tut ihr euch Gutes? Schreibts mir gern in die Kommentare!
Seid lieb gegrüßt!
Eure Steffi
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