Haben wir verlernt, zu leben?

Wenn man Kinder beobachtet, fällt eines auf. Sie sind viel spontaner und können sich für fast alles begeistern. Sie meckern im Winter nicht über die Kälte, sondern freuen sich über das Schlitten fahren und im Herbst ärgern sie sich nicht darüber, wenn es regnet, sondern hüpfen vielmehr mit sichtlicher Freude in den Pfützen herum.

Was hält uns davon ab, es ihnen gleich zu tun? Wann haben wir aufgehört, Kinder zu sein? Und steckt nicht in jedem Erwachsenen auch irgendwo noch ein Kind?

 

Mir ist bewusst, dass wir als Erwachsene viel mehr Rechte, aber auch viel mehr Pflichten und Verantwortung haben. Bleibt da das Kind-Sein auf der Strecke? Bei den Problemen, die uns die Zeit abverlangt, in der wir leben? Doch welche Probleme sind wirklich Probleme und welche konstruieren wir uns selbst? Seit gut anderthalb Jahren beschäftige ich mich mit all diesen Fragen, habe in dieser Zeit Erfahrung gesammelt und ein paar Punkte festgehalten, mit denen jeder wieder mehr Freude in das eigene Leben holen kann.

 

1. Sei Neugierig

Je mehr man kennt und erlebt, umso mehr Möglichkeiten hat man, sich zu amüsieren. Seid offen, auch für Dinge, die erst einmal so gar nicht euer Geschmack sind - vielleicht ändert sich das ja.

 

2. Augen auf!

Jeder Moment, jede Sekunde, die wir verbringen, ist einzigartig und unwiederbringlich. Wenn wir dabei allerdings in Gedanken an die Vergangenheit oder Zukunft hängen, wird dieser Moment unbemerkt an uns vorbeistreifen. Dann entgeht uns der Marienkäfer ebenso, wie eine Blume am Wegesrand oder eine Wolke in Herzform.

 

3. Gegen den Strom schwimmen

Alles peinlich zu finden ist anstrengend. Wie wäre es, einfach zu seinen Neigungen und Vorlieben zu stehen? Ich wette, es findet sich immer jemand, der diese Leidenschaften teilt und sich, genau wie ihr, bis jetzt nicht getraut hat, zu seinen Hobbies zu stehen.

 

4. Feiern gehen

Auch wenn einem manchmal gar nicht danach ist. Meist sind diese Party - Nächte die besten überhaupt.

 

5. Laut lachen

Ja, es kann peinlich sein - gerade wenn es an öffentlichen Orten passiert. Als ich das letzte Mal mit der Straßenbahn ins Krankenhaus fuhr und eine Ablenkung brauchte, habe ich mir Geschichten über Marc-Uwe Kling und seinem Känguru angehört. Eine witzige Geschichte, in der das Känguru das erste Mal Schluckauf bekam und nicht wusste, wie ihm geschieht. Vor lauter Lachen bekam ich selber Schluckauf. Aber als ich in der Klinik ankam, hatte ich gute Laune - trotz des eher ernsten Umstands meines Besuches dort.

 

6. Nichts aufschieben.

Wartet nicht auf eine bessere Gelegenheit oder den passenderen Zeitpunkt. Tut was ihr tun wollt so schnell wie möglich! Mein Mann und ich haben eine Einladung von unserer Freundin nach China immer wieder aufgeschoben: Zeitpunkt passte nicht, Jahreszeit passte nicht, erstmal mehr Geld verdienen etc.

Dieses Jahr tritt mein Mann diese Reise nun allein an, ich darf aufgrund meiner Knochenmarkserkrankung nicht nach China reisen - Chance verpasst...

 

7. Spontane Aktionen

Bock auf ein Konzert in Berlin? Gedanken wie: zu kurzfristig, noch viel zu viel zu regeln, ich kann doch jetzt nicht einfach "alles stehen und liegen lassen"

Nicht lange fackeln, einfach losfahren!

 

8. Selbstironie

Ist in manchen Situationen sehr hilfreich - auch ich habe mir da schon so einiges an Fertigkeiten angeeignet. Auch wenn die Situation alles andere als lustig ist, hilft es oft, sie von der humorvollen Seite zu nehmen. Damit hat man die Lacher garantiert auf seiner Seite und eine weitere witzige Geschichte, die man zum Besten geben kann.

 

9. Laut singen

Egal ob unter der Dusche oder allein im Auto, den Lieblingssong im Radio oder von CD mitzusingen hebt die Laune garantiert, auch bei weniger musikalischen Exemplaren.

 

10. Meinen eigenen Krieg beenden

Oft werde ich gefragt, warum ich immer noch fröhlich bin und woher ich meinen Optimismus habe, trotz meiner teils schweren Erkrankung und trotz der schlimmen Dinge, die in der Welt passieren: Terroranschläge, Kriege, Massenarmut, Verfolgung von Minderheiten und tausenden von Flüchtlingen.

Klar fragt man sich in unserer heutigen Zeit oft, was man selbst tun kann angesichts all der Krisengebieten. Das Einzige, was ich wirklich selbst tun kann ist, meinen eigenen Krieg zu beenden. Nicht mehr im Widerstand zu sein mit dem, was ist. Heißt nicht, dass ich das gut heiße, aber mit einem klareren Verstand kann ich viel besser sehen, wo Hilfe nötig ist und kann dann anderen dabei helfen, ihren Krieg zu beenden. Und wenn mehr Menschen ihren eigenen Krieg beenden, wäre das sicherlich ein Schritt in eine neue Richtung.

 

Wo seid ihr im Widerstand mit euch selbst und mit der Welt? Könntet ihr euch vorstellen, ihn abzulegen und den eigenen inneren Frieden zu finden? Wieder mehr Freude am Leben zu haben und die Welt ab und an durch die Augen eines Kindes zu betrachten?

 

Schreibt mir gern in die Kommentare, wie ihr darüber denkt und was euch davon abhält unvoreingenommener zu sein. Ich freue mich über euer Feedback!

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